Das lichte Fest der Theophanie in unserer Kirche

Donat Rudensky, 8.2.2013

 

Im Namen des Vaters des Sohnes und des Heiligen Geistes! Liebe Brüder und Schwestern. Es ist nun der helle Festtag der Theophanie gekommen. Was hat dieses Fest überhaupt für eine Bedeutung und warum kommt es direkt nach Weihnachten? Noch bis zum VI. Jahrhundert wurden die beiden Ereignisse am selben Tag gefeiert. Die orthodoxen Christen baden am Theophanie-Tag in den Gewässern, das wissen sogar nicht verkirchlichte Menschen. Vom Wesen her ist das Eintauchen die Erneuerung der heiligen Taufe. Eine andere Bezeichnung dieses Festes ist deshalb „Taufe Christi“.

Die Taufe des Johannes findet in Palästina zu einem Zeitpunkt statt, wo die moralischen Normen im jüdischen Volke sehr weit gesunken sind. König Herodes, der vierzehntausend Säuglinge ermorden ließ, ist schon lange verstorben. Sein Reich hinterließ er seinen Söhnen. Der eine von ihnen heiratet die Frau seines Bruders, und der heilige Prophet Johannes entlarvt ihn deswegen öffentlich wegen dieser Sünde. Der Prophet Johannes, der letzte Prophet Israels, und „der Beste von einer Frau geborenen“, kommt für diese Entlarvung ins Gefängnis und wird hingerichtet. Die Pharisäer, Lehrer des Volkes und damalige geistige Elite Israels, werden ebenfalls von Johannes beschuldigt, und zwar dafür, dass sie ohne Reue, nur aus äußerlichen Gründen an dieses große Mysterium der Taufe herantreten.

Der Prophet Johannes sieht also Jesus, der zu ihm kommt um sich taufen zu lassen. Natürlich weiß der Prophet wer vor ihm steht, und dass der Einzige ohne Sünde die Taufe der Reue nicht braucht. Interessant ist der Fakt, dass der Herr Jesus Christus und Johannes miteinander verwandt sind, und beide haben damals durch Wunder in Bethlehem überlebt. Unseren Herrn hat der heilige Josef von Nazareth gerettet, der im Traum von einem Engel die Anweisung bekam, mit seiner Familie nach Ägypten zu fliehen. Johannes hat seine Mutter Elisabeth gerettet, indem sie ihn in die Wüste zu den Engeln brachte. Natürlich hat der Herr Selbst Johannes später in der Wüste besucht und gestärkt. Die Eltern von Johannes erlitten den Märtyrertod.

Woher kommt der Name „Theophanie“ (gr. Erscheinen des Gottes)? Beim Anschauen der Ikone, beim Anhören des Tropars des Festtags. beim Lesen des Evangeliums stellen wir uns vor, wie eine weiße Taube vom Himmel herabkommt. In Wirklichkeit war es eine Riesenwolke in der Form eines Vogels, welche über allen Versammelten schwebte, und aus der die Stimme Gottes des Vaters zu hören war, die von Seinem geliebten Sohn sprach. Hier wird das große Geheimnis der Weltschöpfung offenbart. Der Gott ist Gott der Dreieinigkeit, wir hören die Stimme Gottes des Vaters, sehen Gott als Sohn Gottes und den Heiligen Geist im Erscheinen der Wolke des Lichts. Jemand wird fragen wie es möglich ist, dass drei Personen eins sein können, aber die Antwort ist einfach – die Liebe einigt Sie! Wahrscheinlich nicht alle damals am Jordan Anwesende haben den Sinn des Ereignisses begriffen, doch zumindest die zukünftigen Apostel und Schüler von Johannes: der hl. Andreas, der hl. Petrus sein Bruder, der hl. Johannes Theologos. Seitdem sind sie dem Herrn überallhin gefolgt, ohne sich von Ihm jemals zu trennen.

Und jetzt das Untertauchen im Eiswasser… Vater Andre gibt dafür allen den Segen, die sich auf das Fest vorbereitet und an dem Tag kommuniziert haben. Unter ihnen ist auch der Autor. Der Älteste der Kirchengemeinde tritt in das Esszimmer ein und fragt wer alles mitkommt. Beschämendes Schweigen als Antwort… Der Priester lässt verlauten, wenn heute nicht genug zusammenkommen, dann kann das Baden auf morgen verlegt werden. Der Autor selbst würde sich auch gerne drücken, hat erst vor kurzem eine Erkältung überstanden, und draußen sind die Temperaturen weit unter null Grad Celsius. Ungeachtet all dessen kommen bald mehrere Autos mit Gemeindemitgliedern zusammen um in Richtung „Jordan“ zu fahren. Gut, dass in Berlin genügend Gewässer vorhanden sind. Nicht alle unter denen, die mitfahren, werden eintauchen, manche wollen sich das nur mal anschauen und gemeinsam beten. Einige geben das Versprechen im nächsten Jahr einzutauchen.

Wir sind endlich da! Die Aussicht ist wunderbar, unter den Füßen knirscht der Schnee. Der Priester legt auf einen Baumstumpf das Kreuz und die Ikone hin. Während des Gebets läuft ein Schauer über den Rücken beim Gedanken an das Eintauchen. Nun hat der Priester schon dreimal das Wasser gesegnet und dem Eintauchen steht eigentlich nichts und niemand im Wege. Niemand… außer ein paar Anwohnern, die zuerst für Orthodoxe gehalten worden sind. Sie sind gekommen um die Aussicht zu genießen, und ignorieren merklich die Leute mit dem Priester an der Spitze. Nach einer kurzen Pause sind wir aber wieder unter uns. Als erster mit großer Ungeduld geht der neunjährige Sohn des Priesters ins Wasser. Wenn man nach seinem Schreien urteilt ist das Wasser doch sehr kalt… Der Priester ermahnt ihn, nicht zu schreien und stattdessen zu beten. Einer meint ironisch, dass es ein guter Tag zum Sterben sei, falls man es nicht überlebt. Schon bin ich an der Reihe. Das mit dem Beten klappt ziemlich gut und nach dem Eintauchen fängt irgendwie eine neue Zeitrechnung an. Alles was davor war erscheint alt und verfallen, man kommt tatsächlich als neuer Mensch aus dem Wasser. Alle Zweifel sind überwunden, man will die ganze Welt umarmen und seine Freude teilen. Ich höre jemanden erzählen, dass das Wasser sich nicht wie Wasser sondern wie ein geheimnisvolles Medium anfühlt. Es wird auch klar, dass das Wasser wärmer ist als die Umgebungsluft. Manche fangen an ihre Sünden zu bereuen. Dies führt zurück zum Urbild des Festtages und zwar der Taufe der Reue.

 

 

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