Vom 23.-26. Juni 2012 fand in Weimar eine internationale Konferenz statt: “Der Athos – ein einzigartiges geistiges und kulturelles Erbe der modernen Welt”. An ihr nahmen Mönche der Klöster Simonopetra und Chilandar des Heiligen Berges teil, auch Vertreter der Geistlichkeit, Wissenschaftler, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, und Journalisten aus Russland, Deutschland, Groß-Britannien, Italien und anderen Ländern.
Zwei Tage lang erörterten die Teilnehmer das geistige Erbe und die Zukunft des Athos. Am Beispiel des Heiligen Berges betrachteten sie die Geschichte, das Schicksal und die Rolle des Christentums in Europa, erörterten aufmerksam die Praxis des athonitischen Hesychasmus, die theologischen Aspekte, Fragen der Existenz des Athos in der weitgehend säkularisierten und materialistischen modernen Welt.
Mit großer Aufmerksamkeit lauschten die Teilnehmer dem Vortrag unseres Vladyka Mark, dem Erzbischof von Berlin und Deutschland und Groß-Britannien. „Die Mönchsrepublik Athos und das moderne Europa sollten einander ergänzen und nicht widersprechen, denn ohne Mönchstum entbehrt die Gesellschaft der geistigen Grundlage“, sagte der Vladyka.
Ihm zufolge hören wir Behauptungen, dass Mönche der Gesellschaft keinen Nutzen bringen (z.B. bauen sie keine Schulen, pflegen keine Kranken usw.) nicht erst seit unserer Zeit. „Aber die so sprechen, vergessen, dass die Bildung des Menschen ohne Gott ein Dienst am Leib ohne Geist ist“.
Der Vladyka legte dar, dass die Mönche, die auf den Athos gehen, „nicht die Welt verurteilen, sondern ihre Schwächen verurteilen“. „Wir lehnen nicht das Eheleben ab, sondern lehnen es nur für uns selbst ab, weil es uns mit den Sorgen des Lebens verbindet… Indem er ein Gelübde des Gehorsams leistet, lehnt der Mönch das Böse an der Wurzel selbst ab (den Stolz oder die Selbstliebe – die Quelle aller sündigen Leidenschaften). Reichtum öffnet den Weg zu sinnlichen Genüssen, von denen wir glauben, dass wir sie nicht benötigen. Jedwede Habsucht lenkt ab vom Gebet und Streben zu Gott“, hob der Vladyka hervor, als er über die hauptsächlichen Mönchsgelübde sprach.
Ihm zufolge „wird Freiheit gewonnen in Christus, das Gelübde des Gehorsams dient der Befreiung von den Fesseln eigener Sünden, Uneigennützigkeit befreit von Habgier, Keuschheit befreit alle Kräfte vom Liebesverlangen“.
Der Athos stellt sich nicht gegen die Welt. Im Gegenteil, die monastischen Gesetze und die Gesetze der modernen Gesellschaft müssen sich „wechselseitig ergänzen“, meint der Vladyka. „Und in unserer Zeit“, bemerkte er, „ziehen die Klöster in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern als Zentren des Christentums Laien an, wo sie ihre geistigen Kräfte stärken können… aber die Erfahrung, welche der Athos bewahrte, kann durch nichts ersetzt werden, weil er der einzige Ort ist, wo das Mönchstum ohne Unterbrechung bewahrt wurde… und wir sind alle aufgerufen, den Athos zu schützen, Verbindung zu halten, und aus dieser Verbindung geistige Kräfte zu schöpfen“, betonte Erzbischof Mark.
Die in Weimar organisierte Konferenz stand für das globale öffentliche Forum „Dialog der Kulturen“. Wesentliche Unterstützung bei der Verwirklichung der Konferenz auf deutschem Boden leisteten Vater Mihail (Rahr), Vorsteher der Kirche der Hl. Maria-Magdalena in Weimar (MP), und Vater André (Sikojev) Priester der Kirche des Schutzes der Gottesmutter in Berlin. An der Konferenz beteiligten sich aktiv unsere Gemeindemitglieder Oleg Sinkovsky, Prof. Dr. Olga Jershova und Dr, Martin Valchanov.
Die Teilnehmer verabschiedeten den Entwurf einer Resolution, welche zum Schutz des Athos den Versuchen entgegentritt, ihn für Massentourismus zu öffnen. Es wurde die Einmaligkeit des gesellschaftlichen Systems auf dem Athos unterstrichen, welches eine vorbildlich funktionierende Demokratie darstellt, sowie ein Musterbeispiel für gemeinschaftliches Zusammenleben von Menschen verschiedener Nationalitäten und unterschiedlicher sozialer Herkunft. „Die asketische Lebensweise der Bewohner des Heiligen Berges erweist sich als Schule der Persönlichkeitsbildung und Sozialisation“, heißt es in der Resolution.
Die Teilnehmer der Konferenz erklärten, dass „die Welt den Athos benötigt als einzigartigen geistigen Schatz, als Ort, wo innerer Frieden und Antwort auf die sorgenvollen Fragen tausender Pilger gefunden wird“. Deshalb besteht ein lebensnotwendiger Bedarf für intensivere Kontakte zwischen den Bewohnern des Heiligen Berges und den orthodoxen Christen, die in der Welt leben.
Forum für solche Kontakte, Meinungsaustausch und geistige Kommunikation wurde die Weimarer Konferenz, in dieser Form einzigartig. Ihre Organisatoren und Teilnehmer suchen neue, effektive Formen der Interaktion. Auf der Konferenz wurde die Idee laut, eine „Athos-Gesellschaft“ zu gründen, mit Beteiligung von Athoniten und Laien, Personen des kirchlichen und öffentlichen Lebens, Wissenschaftlern und Journalisten, welche die Liebe zum Athos vereint, als einem Heiligtum der Orthodoxie, und zur athonitischen Lebensweise, als einem Modell zur Nachahmung in unserem Alltagsleben.