Hl. Dimitri – Totengedenken
Samstag, 7. November 2020, 9.40 Uhr

Diesen Samstag, 7. November 2020, 9.40 Uhr (Beichtgelegenheit ab 9.00 Uhr) feiern wir in der “Maria Schutz”-Gemeinde mit der Göttlichen Liturgie in deutscher Sprache den sog. Dimitri-Samstag, das Gedenken der Vorfahren zu Ehren des des Hl. Demetrios von Thessaloniki und des Hl. Dimitrij Donskoj, Großfürst von Moskau, Sieger in der Schlacht auf dem Schnepfenfeld (russisch Куликовская битва)

Deutschsprachiger Gottesdienst findet in unserer Gemeinde jeweils am 1. Samstag im Monat statt.

Danach sitzen wir bei Tee und Frühstück in der Trapeza bei der Monatskatechese November zusammen. Wir lesen und diskutieren in deutscher Sprache Textabschnitte aus
Erzpriester Georgios D. Metallinos “Leben im Leibe Christi – Christliche Spiritualität und materielle Welt”
“Orthodoxe Spiritualität und die Dogmatik der Hll. Väter” – Gespräche mit Erzpriester André Sikojev

Ort: Gemeinde „Schutz der Gottesgebärerin“, Wintersteinstraße 24, 10587 Berlin (Charlottenburg)
U-Bahn Richard-Wagner-Platz – Caprivi-Brücke

Zur Herleitung des Festes findet Ihr unten eine Predigt von Erzpriester Michael Rahr aus dem Jahr 2016:

Predigt zum Seelengedenken der Russischen Kirche (Demetrios-Samstag) (1. Thess. 4: 13-17; Joh. 5: 24-30) (05.11.2016)

Liebe Brüder und Schwestern, der heutige Samstag unterscheidet sich von den ökumenischen (gesamtkirchlichen) Seelengedenktagen – dem vor dem Gedenken des Jüngsten Gerichts und jenem vor Pfingsten – dadurch, dass er nur in der Russischen Kirche, also auf landeskirchlicher Ebene begangen wird. Unter Kaiserin Katharina II wurde anlässlich des 300. Jahrestags der Schlacht am Don, in welcher der hl. Großfürst von Moskau Dimitrij am 8. September 1381 die Tataren besiegt hatte, beschlossen, jedes Jahr am Samstag vor dem Fest des hl. Demetrios von Thessaloniki (+ um 306), des Namensheiligen des Großfürsten, ein Totengedenken für die Gefallenen dieser Schlacht abzuhalten. Aus diesem Brauch entwickelte sich später das allgemeine Gedenken für alle gefallenen russischen Krieger bzw. noch später der allgemeine nationale Totengedenktag der Russischen Kirche. Bezeichnenderweise war der hl. Demetrios selbst Krieger und steht somit stellvertretend für all die, welche in Erfüllung des Gebots Christi (s. Joh. 15: 13) ihr Leben auf dem Schlachtfeld geopfert haben. Soviel zum historischen Hintergrund dieses in Russland überaus geachteten Gedenktages. Unsere Seelengedenken sind ja weitaus mehr, als in der Historie verwurzelte Gedenktage. Sie bringen die unendliche Liebe Gottes uns Menschen gegenüber zum Ausdruck. Denken wir überhaupt darüber nach, was unendlich bedeutet?! – Als Junge reflektierte ich oft darüber, wie es sich mit Zeit und Raum verhält. Beide sind ja Schöpfungen Gottes, beide übersteigen unser Vorstellungsvermögen. Selbst wenn das Weltall irgendwo enden sollte, muss doch irgendein Raum jenseits seiner Grenzen exisitieren; selbst wenn wir irgendwie einen Anfang der Zeit definieren wollten, muss es doch auch ein Davor gegeben haben. Mir dreht sich der Kopf… Und doch muss es Jemanden oder Etwas geben, Der über diesen Dingen steht. Es muss Einen geben, Der Raum und Zeit geschaffen hat. Und dieser unergründlich Unendliche ist auch in Seiner Liebe unendlich. Wir Menschen dürfen teilhaben an dieser Liebe – in der mystischen Vereinigung von Gott und Mensch, genannt Kirche. Äußere Merkmale für diese göttliche Liebe sind die Mysterien der Kirche – Taufe, Myronsalbung, Beichte, Eucharistie, welche im zeitlichen Leben die Grundlage für das ewige Leben bilden. Aber vollends gewahr werden wir dieser unendlichen Liebe erst jenseits der Grenze zwischen dieser Welt und dem künftigen Äon. Unsere im Glauben entschlafenen Vorfahren sind aber schon Teilhaber dieser Unendlichkeit. Keiner von denen, zum Beispiel, für die nach irdischer Zeitrechnung seit 635 Jahren «Вечная память! Ewiges Gedenken!» gesungen wird, ist dort vergessen. In der Göttlichen Liturgie wird namentlich (z.B. in Form von Gedenkbüchlein oder Zetteln mit den Namen unserer Angehörigen) für orthodoxe Christen gebetet, also für all die, welche sich bewusst zu Christi Kirche bekennen. Darüber hinaus wird aber auch während der Anaphora mit überkreuz gehaltenen Armen des Priesters oder Diakons gebetet: „Das Deine vom Deinigen, Dir darbringend, gemäß allem und für alles“ – womit die kosmische (sprich: unendliche) Dimension dieses Mysteriums ausgedrückt wird, so dass auch die Geschöpfe an Gottes unendlicher Liebe partizipieren, welche bewusst dazu nicht in der Lage sind (vgl. Ps. 35: 7; Röm. 8: 19). Was das Los der Menschen anbelangt, die sich zeit ihres Lebens nicht zu Christus bekannt haben, bleibt für uns aber im Verborgenen. Wir wissen nur, dass Gottes Liebe unendlich ist. Er allein weiß, wie man Liebe und Gerechtigkeit miteinander vereinbaren kann. Dieses Wie bleibt aber (vorerst) noch Sein Geheimnis. Das Gesagte bestärkt uns jedoch in der freudvollen Erwartung, dass wenn wir zu der vor Ewigkeit bestimmten Zeit in das Haus unseres Vaters einziehen, dann auch unser in den Gebeten der Kirche auf Erden gedacht werden wird. Solange wir aber diese Heimreise noch nicht angetreten haben, können wir uns durch die Gebete für die uns Vorangegangenen zumindest asymmetrisch an der Liebe Gottes beteiligen. Das ist auf alle Fälle besser, nützlicher und vernünftiger, als unsere Verstorbenen übermäßig zu beweinen (s. 1. Thess. 4: 13). Wenn ich nach der Panichida an diesem Tag nur noch mit Mühe Platz für die vielen Gaben im Gepäckraum meines Wagens finde, sehe ich, wie groß die Liebe bei gläubigen orthodoxen Christen für ihre Verstorbenen ist. Früher gab es den schönen Brauch, etwas für Bedürftige auf den Gabentisch in der Kirche zu legen oder direkt Bettlern ein Almosen zu geben, damit sie für die Seele der entschlafenen Verwandten beteten – ein Usus, der sowohl einen beträchtlichen praktischen Nutzen hatte, als auch die gewünschte Wirkung für das Seelenheil nicht verfehlte. Heute muss der Priester zusehen, wie er zu Hause die Lebensmittel im Kühlschrank unterbringt und wie er und seine Familie dieselben noch vor dem Verfallsdatum konsumiert. Trotzdem zeigt das volkstümlich gepflegte Brauchtum in unserer Kirche, dass die Tradition als solche lebendig ist. Unter veränderten sozial-ökonomischen Bedingungen (bezogen auf Westeuropa, nicht auf ländliche Gebiete in der ehemaligen UdSSR) muss sich unsere Kirche nicht neu erfinden, doch ihre Mitglieder müssen sich ihrer Wurzeln bewusst sein und den tieferen Sinn solch einer Volksfrömmigkeit erkennen: jede im Namen meiner Vorfahren und Angehörigen verübte gute Tat kann ihrem aber auch meinem Seelenheil dienen! Es kommt dabei zuvörderst auf die innere Motivation an (Aufrichtigkeit, Mitleid, Fürsorge, Nächstenliebe). Durch den äußeren materiellen Effekt allein werden Sünden nicht abgewaschen, denn Mildtätigkeit ist ohne Barmherzigkeit wie “dröhnendes Erz und eine lärmende Pauke” (1. Kor. 13: 1). Amen.

Erzpriester Michael Rahr

Share