Christus wird geboren!
Die Erde wird verändert! Der Sohn, der Logos Gottes nimmt Fleisch an! Das Fleisch wird verklärt! Wiederholt hat sich der Mensch angeschickt, die Erde zu verändern, die Gesellschaft umzubauen, ja auch den Menschen selbst umzukrempeln. All diese Versuche erwiesen sich nicht nur als vergeblich, sondern kraft seiner Sündhaftigkeit senkte sich der Mensch und die Menschheit immer tiefer in die Finsternis ihres des ihnen eigenen, gefallenen Zustands. Gott reichte jedoch dem Menschen unermüdlich stets Seine feste Hand zu dessen Befreiung und wies ihm die Wege des Glaubens und der Treue.
Schließlich wurde Gott Selbst auf der Erde geboren. Geboren als Mensch. Als Gottmensch. Ein unerhörtes Wunder: der vollkommene Gott wurde gleichzeitig nun zugleich auch vollkommener Mensch. Indem Er dieses Wunder vollbringt, verschmäht Er nicht die erbärmliche Zuflucht zwischen dem Vieh, noch die Hirten, die Ihm als erste die Anbetung darbringen. In der Person des Gottmenschen-Christus erscheint schließlich auf der Erde das erste wirklich Neue unter der Sonne. Der erste und einzige vollkommene Mensch – ein Mensch ohne Sünde, ohne Böses, ohne Lüge, und, vor allem, ohne die schlimmste Folge all dieser Übel: ein Mensch ohne Tod. Der Allmächtige Gott wurde Mensch und brachte so all Seine Göttlichen Vollkommenheiten auf die Erde. Er öffnete dem Menschen all Seine unbegrenzten Weiten. Der unumfaßbare Gott nimmt im jungfräulichen Schoß Platz und offenbart der Menschheit den ganzen Reichtum Seiner Gottheit. Damit zeigte Er, dass der Mensch nur dann Mensch ist, wenn er mit seinem ganzen Wesen vereint ist mit Gott. Das aber bedeutet: wenn er ganz durch Gott lebt, durch Gott empfindet, durch Gott denkt, durch Gott handelt. Dann wird der Mensch aus einem sterblichen, hinfälligen Wesen zu einem unsterblichen, ewigen, mit Gotteskräften erfüllten, durch Gnade, Tugend, Ewigkeit.
Die Hirten waren keine Gelehrten, und die Engel Gottes leiteten sie nach Betlehem, so dass sie im Namen der ganzen Menschheit niederfielen an der Krippe. Und die Gelehrten, die Weisen aus dem Morgenland wurden von den Engeln Gottes geleitet, so dass sie ihre dreimal lichten Gaben dem neuen König der ganzen Menschheit darbrachten. Engel kamen im Glanz der Herrlichkeit, um im Lobgesang dem erwerben. Engel erscheinen, Hirten und Weise kommen, denn das kleine unscheinbare Städtchen Bethlehem ist bereits Mittelpunkt der ganzheitlichen himmlisch-irdischen Anbetung des Wirbels Hinwendung der ganzen Schöpfung zum innersten Zentrum des Weltalls – dem Schöpfer. Hierhin streben diese Gottsucher der Welt. Sie suchten den ewigen Gott und finden ein neugeborenes Kind, in Windeln gewickelt. Gott und Mensch sind vereint im Gottmenschen Christus. In Person der Hirten von Bethlehem und der Weisen aus dem Morgenland sind Juden und Heiden vereint, sind alle Christus geweihten Völker vereint, die die Predigt der Apostel angenommen haben und sie bewahren.
Doch gegen diese Frohbotschaft lehnt sich nicht nur ein Herodes auf, sondern viele und stets aufs Neue. Sie mühen sich auch in unserer Zeit, die übernatürliche Einheit der an Christus Glaubenden und in Christus Lebenden zu zerstören. In diesen freudigen lichten Tagen, während wir die Menschwerdung Gottes auf der Erde feiern, sollten wir besonders darum bemüht sein, für die Wiederherstellung von Frieden auf der Erde zu beten. Dieser Friede ist uns Erdenbewohnern von den Engeln verkündet worden. Engel rufen uns auf, uns zu vereinen und mit unserem ganzen Leben das Licht der Wahrheit zu suchen, die Sonne der Gerechtigkeit, Christus, der all unser Menschliches annahm, den Leib, die Seele, um mit Seiner Treue all dies zu heiligen und zu vergotten vergöttlichen! Der Apostel ruft aus: ihr alle seid Söhne des Lichtes und Söhne des Tages (1. Thess 5, 5).
Laßt uns Buße tun für unsere Sünden. Wenden wir uns von ihrer Finsternis ab. Machen wir uns bewußt, dass jede auch noch so geringe Sünde uns bereits verfinstert, trennt, von Gott und vom Nächsten losreißt. Suchen wir in unseren Herzen wie in der allerärmlichsten Höhle jenen winzigen Winkel, in welchem Gott doch schon geboren ist und ruht, Der sich unser nicht schämt, sondern in uns ganz Leib werden will, uns ganz und gar erleuchten, uns Seinen tiefen Frieden bringen, Seine Liebe, Seine Wahrheit und Gerechtigkeit, Seine Ewigkeit!
Christus wird geboren! Frohlocket!
+Mark, Erzbischof von Berlin und Deutschland München-Berlin im Dezember 2014