Erzbischöfliches Konzil der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland: Möge der Herr neue verheerende Leiden im östlichen Teil Europas nicht zulassen

San-Francisco, 4. Juli 2014

 

In San-Francisco fand das reguläre Erzbischöfliche Konzil der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland statt, einberufen zum 20. Festtag der kirchlichen Verherrlichung des heiligen gerechten Erzbischofs Johannes (Maximowitsch † 1966), des großen Erzhirten, Beters und Wundertäters der russischen Diaspora.

Sendschreiben des Bischofskonzils der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland

Geliebte Brüder und Schwestern!

Wir, die Erzbischöfe der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland, versammelten uns zum regulären Konzil, einberufen in die gottbehütete Stadt San Francisco, um derart ein wichtiges, geistig bedeutsames Ereignis unserer Kirchengeschichte zu würdigen. Hier nämlich, wo nach dem Willen Gottes einstmals die älteste Kathedra der Russischen Auslandskirche entstand, befindet sich der in seinem irdischen Leben letzte erzbischöfliche Sitz, welchen der heilige Johannes einnahm, der Erzbischof von Shanghai und San Francisco, dessen 20-jährige Verherrlichung wir in diesem Jahr feiern. Hier ruhen auch die heiligen Reliquien des heiligen Johannes, zu welchen tausende und abertausende Gläubige hinströmen.

In eben diesen Tagen findet der Gesamtkongress der russisch-orthodoxen Jugend der Auslandskirche statt, an welchem auch unsere Hierarchen teilnehmen.

Anlässlich des 20. Jahrestags der Verherrlichung des hl. Erzbischofs Johannes am Sonntag, dem 16./29. Juni dieses Jahres, wurde während der Göttlichen Liturgie in der Kathedrale der Gottesmutter aller Betrübten von der erzbischöflichen Synode der erwählte Protegé und Archimandrit Nikolaj (Olchowski) zum Bischof geweiht, als Vikar der Ostamerikanischen Eparchie, mit dem Titel „von Manhattan“. Das erzbischöfliche Konzil gratuliert dem hochgeweihten Bischof Nikolaj und wünscht ihm Gottes Hilfe bei seinem Dienst als Erzhirte der heiligen Kirche und bittet die gottgeliebte Herde, in ihren Gebeten des neu geweihten Gebieters Nikolaj zu gedenken.

Der hl. Hierarch Johannes, der wunderbare Wundertäter und Gottgefällige, war bestimmt, zum Ersten der verherrlichten russischen Heiligen zu werden, der im Ausland erstrahlte, außerhalb der Grenzen unseres Vaterlandes. Gott zeigte durch ihn Wunder der Heilung, hier betete er für uns mit euch voller Mitgefühl, und niemanden wies das liebevolle Herz des hl. Johannes zurück.

Als Nachfahre des südrussischen Adelsgeschlechtes der Maksimovitsch, welches schon früher Russland einen anderen Hierarchen schenkte, den Metropoliten Johannes von Tobolsk, vergaß der Vladyka Johannes von Shanghai und San Francisco niemals seine irdische Heimat – die Kiewer Rus’. Er war häufig in seiner Kindheit und Jugend in der Swjatogorskij-Lavra des Entschlafens der Gottesmutter, wo in unseren Tagen, fast neben ihren Mauern, Blut fließt von Getöteten im brudermörderischen Krieg.

Im Akathistos des hl. Johannes wird er zu Recht ”Wundertäter der letzten Zeiten” genannt, aber der Heilige war nicht allein. Es ist kein Wunder, dass fast in denselben Jahren seines Dienstes in der Diaspora, auf jener vaterländischen, ihm heimatlichen Erde, welche der gegenwärtige ukrainische Staat umschließt, die beiden Ehrwürdigen erstrahlten, Lavrentij von Tschernigov (im Herrn entschlafen im Januar 1950) und Kukscha von Odessa (der 50. Jahrestag seiner Auffahrt fällt auf den Dezember dieses Jahres), die beide mit Schmerz ihrer Heimat Ukraine gedachten. Wie würden sie auf das schauen, was heute, buchstäblich in diesen Stunden und Minuten, an ihren Rändern vor sich geht?

Möge Gott nicht zulassen, dass heute zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des ersten Weltkriegs, welcher unverkennbar den Anfang schrecklicher Nöte nicht nur für Russland, sondern für die ganze Welt bedeutete, nicht neues verheerendes Leiden und Morden im östlichen Teil Europas beginnt.

Krieg führt immer mit sich einen anderen, neuen Krieg. Kaum waren zwei Jahrzehnte seit Beginn des Ersten Weltkriegs verstrichen, wurde im Jahre 1934, vor achtzig Jahren, meuchlings ermordet der fromme Monarch, Patensohn von Zar Alexander III., der jugoslawische König Alexander, Freund des Orthodoxen Russland, Beschützer der russischen Emigranten, die Zuflucht in seinem Königreich gesucht hatten. Seit diesen Tagen wurde auch der Zweite Weltkrieg unausweichlich.

Aber das Jahr 2014 muss nicht ausschließlich mit drohenden Vorzeichen verbunden werden. In diesem Jahr würdigen wir den 700. Jahrestag der Geburt des ehrwürdigen Sergij von Radonesch. Dies Datum hat besondere, prophetische Bedeutung, ebenso für die vom Ehrwürdigen gegründete Heilige-Dreiheit-Sergij-Lavra wie auch für die Geschicke des ganzen historischen Russland. Nach dem Wort des Historikers W.O. Kljutschevskij erinnert das Volk mit den Namen des ehrwürdigen Sergij seine moralische Wiedergeburt, welche auch die Wiedergeburt der Staatlichkeit möglich gemacht hat.

Deshalb ist eine der Hauptaufgaben der Russischen Orthodoxen Kirche heute, im Vaterland wie auch in der Diaspora, die Verkirchlichung des russischen Volkes, um durch diesen Prozess möglichst zurückzukehren zur Frömmigkeit unserer Vorfahren im Heiligen Russland, welche alle zur Rettung führt.

Im Vertrauen auf die Gebete der Ehrwürdigen Väter, der aus der Kiewer Rus’ Gebürtigen, werden wir demütig beten um Erweichung verhärteter Herzen, und um Beilegung des Bruderkrieges. Der langmütige Herr, “der nicht den Tod des Sünders wünscht, sondern, dass er umkehrt und lebt”, möge bewahren “die Welt vor dem Fall in den für sie vorbereiteten Abgrund”, wie der ehrwürdige Kukscha von Odessa über die letzten Tage vorhersagte.

Wir rufen unsere ganze gottgeliebte Herde zum unablässigen Gebet, denn heute, wie nie zuvor, haben wir das Bedürfnis nach Einheit in Christus Jesus. Daher wenden wir uns an unsere Brüder und Schwestern im Vaterland und Ausland: Solange es noch nicht zu spät ist, unterlassen wir alle Arten von Spaltung und Streit, eingedenk der Worte unseres Erlösers: “Denn daran werden alle erkennen, dass ihr Meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt” (Joh. 13, 35), und wir suchen Zuflucht unter dem Schutz der Heiligen Russischen Orthodoxen Landeskirche, unserer gemeinsamen Mutter. Wir wissen nicht, wie viel Zeit jedem von uns für Besinnung und Reue zugeteilt ist, deshalb möge der Herr gewähren, uns allen mit geistlicher Freude, jedem nach seinem Maß, der beginnenden Wiedergeburt des Heiligen Russland gehorsam zu dienen.

+ Hilarion

Metropolit von Ostamerika und New York,

Ersthierarch der Russischen Kirche im Ausland.

(es folgen die Unterschriften der Teilnehmer des Erzbischöflichen Konzils)

Quelle: Православие.Ru, 4. Juli 2014

http://www.pravoslavie.ru/news/71977.htm

(übersetzt aus dem Russischen: put)

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